(14.11.2016)
Der Verwaltungsrat der BLS AG hat an seiner letzten Sitzung die Instandhaltungsstrategie behandelt. Er folgte dabei der breit ab-gestützten Empfehlung der Begleitgruppe «Werkstätte BLS», die sich für den Fahrzeugunterhalt der BLS an drei Standorten aus-gesprochen hatte. Der Neubau für die leichte Instandhaltung soll im Gebiet Chliforst Nord im Westen der Stadt Bern realisiert wer-den. Die bestehenden Werkstätten Spiez und Bönigen bleiben als langfristige Lösungen bestehen und werden ausgebaut. Die BLS ist sich bewusst, dass ein Neubau im Chliforst Nord Auswirkungen auf die Landschaft hat und für die betroffenen Anwohner eine Belastung darstellen wird. Deshalb will sie die Grundeigentümer und Interessengruppen eng in die weitere Planung einbeziehen. Die BLS will die neue Werkstätte für Mensch und Umwelt so verträglich wie möglich entwickeln.
Am 20. September 2016 präsentierte die Begleitgruppe «Werkstätte BLS» ihre Empfehlung für eine 3-Standortstrategie und einen Werkstatt-Neubau im Gebiet «Chliforst Nord» im Westen der Stadt Bern. Der Verwaltungsrat der BLS würdigte an seiner letzten Sitzung die über ein Jahr dauernde, sorgfältige Arbeit der breit abgestützten Begleitgruppe. «Die Begleitgruppe hat unter schwierigen Voraussetzungen eine fundierte und ausgewogene Vorarbeit geleistet», erklärte BLS-Verwaltungsratspräsident Rudolf Stämpfli am Montag vor den Medien. Die Prüfung der Empfehlung durch die BLS hat die Arbeit der Begleitgruppe bestätigt: Die Variante mit drei Standorten inklusive Neubau im Chliforst Nord ist betrieblich und wirtschaftlich am besten geeignet, um die wachsenden Anforderungen an den Fahrzeugunterhalt zu erfüllen und langfristig den Gesamtbetrieb der S-Bahn Bern sicherzustellen. Deshalb hat der Verwaltungsrat beschlossen, die Empfehlungen der Begleitgruppe umzusetzen. Die Begleitgruppe hatte inklusive Flamatt insgesamt 42 Standorte geprüft. Die Kriterien wurden durch die Begleitgruppe festgelegt und waren breit gefächert. Sie kam zum Schluss, dass der Perimeter Chliforst Nord im Vergleich zu den anderen geprüften Standorten weniger Nachteile aufweist.
Enger Einbezug von Betroffenen und Interessengruppen
Die BLS ist sich der Konsequenzen, die das Projekt auf Betroffene und die Landschaft hat, bewusst. Ein Neubau im Chliforst Nord bedeutet einen Einschnitt im Westen der Stadt Bern. Er wird zudem eine Belastung für die betroffenen Anwohner darstellen. Zahlreiche Fragen, etwa betreffend Waldgesetz oder Kompensationsmassnahmen, sind im Verfahrensverlauf zu klären. Aus diesen Gründen hat der Verwal-tungsrat der BLS entschieden, betroffene Anwohner, Grundeigentümer und Interessengruppen über das übliche Mitwirkungsverfahren hinaus zu beteiligen. Er hat die Geschäftsleitung beauftragt, eine Dialoggruppe zu bilden und so die Betroffenen einzubinden. «Unser Ziel ist es, mit dieser Form des Dialogs und der Mitwirkung gemeinsam ein möglichst umweltverträgliches und breit akzeptiertes Projekt für die neue BLS-Werkstatt zu entwickeln», erklärte Rudolf Stämpfli. «Wir wollen gemeinsam mit allen Beteiligten tragbare Lösungen finden.» Die neue Dialoggruppe Chliforst Nord soll spätestens ab Eingabe des Projektperimeters ins Sachplanverfahren Schiene BAV eine aktive Rolle im Planungsprozess übernehmen. Die potenziellen Mitglieder werden in den nächsten Tagen eingeladen.
Drei Standorte Spiez, Bönigen und Bern Chliforst Nord
Die Züge der BLS werden heute täglich von rund 150‘000 Fahrgästen benutzt, bis ins Jahr 2030 wird mit rund 260‘000 Fahrgästen pro Tag gerechnet. Die BLS benötigt aufgrund des gewünschten Angebotsausbaus im öffentlichen Verkehr, stetig steigender Passagierzahlen sowie mit dem baldigen Wegfall der Werkstatt Bern-Aebimatt einen Neubau für die leichte Instandhaltung ihrer Züge. «Diesen Bedarf hat die Begleitgruppe zweifelsfrei bestätigt», wie BLS-CEO Bernard Guillelmon erläuterte. «Wir brauchen die neue Werkstatt, damit die S-Bahn Bern für die Kundinnen und Kunden in Zukunft weiterhin funktioniert», sagte er. «Und auch wenn wir es lieber anders hätten: Für die neue Werkstatt gibt es leider keine befriedigende Lösung, die Mensch und Umwelt unberührt lässt», sagte Guillelmon. Die BLS wird diesem Umstand bei der Planung besondere Aufmerksamkeit schenken.
Gemäss der nun verabschiedeten Instandhaltungsstrategie wird in Spiez und in Bern Chliforst Nord der leichte Fahrzeugunterhalt vorgenommen. Bönigen bleibt als Standort für die schwere Instandhaltung erhalten und soll ausgebaut werden. «Ich bin froh, können wir damit auch unsere Präsenz im Berner Oberland erhalten und sogar stärken», betonte Guillelmon.
Funktionierende S-Bahn für die Region und den Kanton Bern
Die S-Bahn Bern und die RegioExpress-Züge sind das Herzstück des öffentlichen Verkehrs in der Region Bern. Mit dem Ersatz der wegfallenden Werkstätte Aebimatt beim Bahnhof Bern sind zudem direkt und indirekt Arbeitsplätze im Kanton Bern verbunden. Insgesamt arbeiten 380 Menschen in den BLS-Werkstätten. Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer bedankte sich beim Präsidenten der Begleitgruppe, Bernhard Antener, für die nach gesamtheitlichen Gesichtspunkten erarbeitete Standortempfehlung. Die Arbeit der Begleitgruppe habe die BLS in einer schwierigen Situation unterstützt und einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Standortfrage geleistet. Sie habe Verständnis für die direkt Betroffenen und dass es für diese nicht einfach sei, den Entscheid zu akzeptieren. «Doch jetzt ist die Zeit, konstruktiv bei der Projekterarbeitung mitzuarbeiten», sagte die bernische Verkehrsdirektorin. Dazu sollen die Anliegen der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner bestmöglich in die Projektentwicklung einfliessen können.
Es gehe jedoch nicht nur um einen Werkstatt-Standort, sondern um die Berner S-Bahn. Die S-Bahn Bern trage entscheidend zur Mobilität der Bürgerinnen und Bürger bei und sei unersetzlich für eine gute Erreichbarkeit der Gemeinden und der ganzen Region. «Sie ist für die Region Bern von allergrösster volkswirtschaftlicher Bedeutung», erklärte Barbara Egger-Jenzer. Ohne neue Werkstätte wäre jedoch der Betrieb der S-Bahn Bern nicht gewährleistet. Und auch für die Weiterentwicklung der S-Bahn brauche es zwingend eine neue Werkstätte. Hierfür sei Chliforst Nord von allen möglichen Varianten diejenige mit der geringsten Beeinträchtigung und der besten Opfersymmetrie.
Stadt Bern ist bereit, Abklärungen mitzutragen
Wie Stadtpräsident Alexander Tschäppät ausführte, ist der Gemeinderat bereit, die Abklärungen für den Standort Chliforst im aktuellen Stadium mitzutragen. Sein Einlenken begründet er damit, dass Chliforst zwar beträchtliche Nachteile mit sich bringe, aber die künftige städtebauliche Entwicklung weniger stark tangiere als die Realisierung der Anlage auf einem der anderen Areale, die in Bern West zur Diskussion standen. Zudem verspricht sich der Gemeinderat davon, dass das heutige Siedlungsgebiet im Westen der Stadt vor Lärm- und Verkehrsemissionen geschützt werden kann.
Bevölkerung umfassend einbeziehen
Allerdings stellt der Gemeinderat die Bedingung, dass die BLS allen Empfehlungen der Begleitgruppe folgt und ein professionelles Kommunikations- und Partizipationsmanagement etabliert. «Der Gemeinderat erwartet, dass die Anliegen der betroffenen Bevölkerung nachhaltig einbezogen werden», so der Stadtpräsident. Wichtig sei zudem, dass die Bearbeitung des Projekts und die Umsetzung der Empfehlungen unter engem Einbezug des Gemeinderates erfolgten. Dazu gehöre nebst den planerischen Aspekten insbesondere die rechtzeitige Verständigung über die finanziellen Konsequenzen. In diesem Zusammenhang unterstreicht der Gemeinderat, dass die von der Begleitgruppe empfohlene Verlegung der Schiessanlage nicht zulasten der Stadt gehen dürfe.
Zu den Empfehlungen, die laut Gemeinderat zwingend umzusetzen sind, gehören ferner die Erschliessung über den Autobahnanschluss Mühleberg, eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Eigentümern, Massnahmen zur Minimierung nega-tiver Auswirkungen für die Anwohnerschaft sowie die Wiederaufforstung und die Kompensation ökologischer Werteverluste.
Nächste Schritte und Einleitung des ordentlichen Verfahrens
Mit dem Strategie- und Standortentscheid startet die BLS die ordentlichen Planungsschritte zum sogenannten Bau einer neuen Eisenbahninfrastruktur. Zunächst wird die Eingabe in den Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene (SIS), beim Bundesamt für Verkehr (BAV) vorbereitet, das im Falle der Aufnahme im Sachplan das Verfahren koordiniert. Damit startet der offizielle Mitwirkungsprozess. Im Rahmen der Projekterarbeitung werden in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern auf Bundes- und Kantonsebene sowie der Stadt Bern eine Vorstudie und im Anschluss die weiteren Projektetappen geplant. Gestützt auf dem Resultat der Vorstudie soll ein entsprechendes Vorprojekt in einem öffentlichen Wettbewerb unter Mitwirkung von Fachleuten und Interessenvertretern evaluiert werden. Nach Erarbeitung des Bau- und Auflageprojektes wird für die Erteilung der Baubewilligung das Vorhaben im Rahmen des Eisenbahnplangenehmigungsverfahrens öffentlich aufgelegt. Ziel der BLS ist es, dass die neue Werkstätte am Standort Chliforst Nord so verträglich wie möglich für Mensch und Umwelt realisiert werden kann. Der Baustart für die neue Werkstätte ist nach aktueller Zeitplanung im Jahr 2023 vorgesehen. Bei einer rund dreijährigen Bauphase könnte der Neubau 2025 in Betrieb genommen werden.