(07.07.2016)
Der Vergabeausschuss des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) hat beschlossen die Betriebsleistungen der S-Bahn-Linien an Rhein und Ruhr ab Dezember 2019 durch Keolis (Los A) und Abellio (Los B) durchführen zu lassen. Die beiden Unternehmen konnten sich im Rahmen eines europaweiten Wettbewerbsverfahrens gegen die Konkurrenz durchsetzen. Gegenstand des Verfahrens waren der Betrieb auf den S-Bahn-Linien S1 und S4 (Los A) mit circa 4,8 Millionen Zugkilometern und die Linien S2, S3, S9, RB3, RB40 und RB41 (Los B) mit circa 7,1 Millionen Zugkilometern. Insgesamt umfasst das Leistungsvolumen auf den Linien rund 11,9 Millionen Zugkilometer pro Jahr. Diese Vergabeentscheidung wurde heute auch von der Verbands-versammlung des Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) bestätigt, der wegen der Betriebsanteile an der S4 an diesem Verfahren beteiligt ist. Nach der Entscheidung der zuständigen Gremien muss jetzt noch eine zehntägige Einspruchsfrist eingehalten werden. Erst nach Ablauf dieser Frist werden die beiden Verkehrsverträge mit einer Laufzeit von zwölf Jahren (Los A) und 15 Jahren (Los B) abgeschlossen. Zur perspektivischen Harmonisierung der Vertragslaufzeiten aller S-Bahn-Linien wird der bestehende Vertrag mit der DB Regio NRW für den Betrieb der Linien S6 und S11 in Abstimmung mit dem Nahverkehr Rheinland bis 2023 verlängert.
VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann zur heutigen Vergabeentscheidung: "Erneut haben sich im Wettbewerbsverfahren erfreulicherweise Anbieter mit wirtschaftlichen und verlässlichen Angeboten durchgesetzt. In Verbindung mit den modernen Fahrzeugen und einer nachfrageorientierten Taktung ist dies ein weiterer Schritt hin zu einem qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten S-Bahn-Verkehr in der Region. Den möglichen Personalwechsel werden wir als Aufgabenträger zielgerichtet unterstützen. Auch ohne vertragliche Verpflichtungen werden die Eisenbahnunternehmen die den Zuschlag erhalten, mit dem bisher tätigen Unternehmen über die Übernahmen des Personals verhandeln. Dies haben wir in den Verträgen festgeschrieben und wie auch bereits bei früheren Betreiberwechseln begleitet der VRR den Prozess zwischen den alten und neuen Betreibern."
Bereits beschlossen ist die Beschaffung der S-Bahnfahrzeuge, die den künftigen Betreibern der Linien Keolis und Abellio für den Betrieb bereitgestellt werden. Analog wie beim Rhein-Ruhr-Express (RRX) hat der VRR die Wettbewerbsverfahren zur Beschaffung und Instandhaltung der S-Bahn-Fahrzeuge getrennt von denen zum Betrieb der jeweiligen Linien durchgeführt. So kommen auf den Linien S1 und S4 ab Dezember 2019 Züge vom Typ ET 422 zum Einsatz. Bereits Ende des letzten Jahres fiel die Entscheidung, 48 Fahrzeuge von der DB Regio AG zu kaufen, die derzeit auf den heutigen S-Bahn-Linien verkehren und sich in der Praxis bewährt haben. Die DB Regio AG übernimmt bis mindestens 2034 die Wartung und Instandhaltung der Züge und garantiert deren tägliche Verfügbarkeit. Auf den Linien S 2, S 3, S 9, S 28, RB 3, RB 40 und RB 41 kommen Neufahrzeuge des Unternehmens Stadler Pankow GmbH zum Einsatz.
Neue S-Bahn-Fahrzeuge von Stadler
Bereits im März 2016 ist die Entscheidung gefallen, dass die Stadler Pankow GmbH die Neufahrzeuge für den Einsatz auf den Linien S 2, S 3, S 9, S 28, RB 3, RB 40 und RB 41 liefern und über 30 Jahre instand halten wird. Die Stadler Pankow GmbH setzte sich mit dem wirtschaftlichsten Angebot gegen drei Konkurrenten durch. Der Fahrzeughersteller wird die neuen, speziell auf die Bedürfnisse eines Ballungsraumes zugeschnittenen Züge vom Typ Flirt3XL konstruieren, produzieren und sie über den gesamten Lebenszyklus von mindestens 30 Jahren verfügbar halten. Die Einstiegsbereiche der neuen Züge sind etwa 80 Zentimeter über Schienenoberkante. Nach aktuellen Planungen sollen nach und nach alle Bahnsteige im VRR auf eine einheitliche Höhe von 76 Zentimetern gebracht werden, um den Fahrgästen mittel- bis langfristig einen niveaugleichen Einstieg in die Nahverkehrszüge zu ermöglichen. Mit den neuen Fahrzeugen leistet der VRR somit einen wichtigen Beitrag zur barrierefreien Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Die Fahrzeuge werden in zwei unterschiedlichen Größen im S-Bahn-Netz zum Einsatz kommen. Der Kurztyp mit 180 Sitzplätzen wird auf den Linien S 2 und S 28 verkehren, der Langtyp mit 296 Sitzplätzen auf den Linien S 3, S 9, RB 3, RB 40 und RB 41. Im Vergleich zu den heutigen S-Bahn-Zügen stellen die neuen Stadler-Fahrzeuge eine deutliche Weiterentwicklung dar: Sie verfügen über bequemere Sitze - überwiegend in 4er-Sitzgruppen mit Vis-à-vis-Anordnung -, Toiletten sowie Steckdosen zum Aufladen von Smartphones, Tablets oder Rechnern. Zudem verfügen die Fahrzeuge künftig über einen kostenlosen WLAN Zugang sowie über Vorrichtungen, die den Mobilfunkempfang verbessern. Die Züge sind videoüberwacht und bieten großzügige Einstiegs- und Mehrzweckbereiche, die insbesondere mobilitätseingeschränkten Personen zugutekommen. Die speziell für den Einsatz auf dem Netz angepassten Fahrzeuge verfügen über große Türen mit einer Breite von 1.800 mm sowie einer Höhe von 2.160 mm, insbesondere für einen schnellen Fahrgastwechsel. Die Fahrzeuge werden so konzipiert, dass Rollstuhlstellplätze von Fahrradstellplätzen getrennt sind. Zudem verfügt der Fahrradbereich zukünftig über gepolsterte Stehhilfen mit einem kurzen Rückenpolster und nicht - wie in den heutigen Fahrzeugen - über Klappsitze. Damit entspricht der VRR Anregungen aus dem letzten Online-Dialog zur Verknüpfung von Fahrrad und ÖPNV. Neben den qualitativen Vorzügen für die Fahrgäste wurden durch Stadler auch innovative Verbesserungen im Bereich der Drehgestelle, der Traktionsausrüstung und der Fahrzeugaufteilung vorgenommen. Alle Optimierungen führen einerseits zu einem effizienten und wirtschaftlichen Betrieb, anderseits zu spürbaren Verbesserungen bei der Instandhaltung.
Takt und Design
Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 werden sowohl die Gebrauchtfahrzeuge auf den Linien S1 und S4 als auch die Neufahrzeuge in einem weitgehend unternehmensneutralen, eigens entwickelten Design zum Einsatz kommen. Parallel dazu wird der bisherige Takt auf einen stärker nachfrageorientierten 15/30-Minuten-Takt umgestellt, um die Betriebsqualität im S-Bahn-Netz zu verbessern. Auf vielen S-Bahn-Relationen wird in der Hauptverkehrszeit ein 15-Minuten-Takt etabliert, der in der Nebenverkehrszeit sowie auf nachfrageschwächeren Abschnitten auf einen 30-Minuten-Takt ausgedünnt wird.