(27.05.2016)
Mit einer symbolischen Gleisbesetzung in den Rangierbahnhöfen Basel-Muttenz und Chiasso haben die Bahngewerkschaften auf ihre Forderungen bei der Gotthard-Eröffnung aufmerksam gemacht. Die europäische, deutsche, italienische und die Schweizer Bahngewerkschaft SEV fordern gemeinsam das Prinzip, dass für ausländisches Personal die Löhne des Landes gelten, wo die Arbeit geleistet wird.
«Mit dem Gotthard-Basistunnel wird die Schweiz kleiner», betonte Giorgio Tuti, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV vor den Medien in Basel. Was verkehrspolitisch durchaus erwünscht ist, hat seine Nebenwirkungen beim Personal. Wenn dereinst auch der Ceneri-Tunnel betrieben wird, kann ein Lokomotivführer ohne Pause und ohne Verletzung von Arbeitszeitvorschriften die Schweiz durchqueren.
SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger stellte klar: «Wir haben im Binnenverkehr mit den Gesamtarbeitsverträgen eine gute Absicherung des fahrenden Personals, und das Urteil im Fall Crossrail sichert uns dies auch im grenzüberschreitenden Verkehr zu. Nun geht es darum, auch im Transitverkehr das Prinzip ‹Schweizer Lohn auf Schweizer Schienen› zu verankern.»
Unterstützung bekommt der SEV aus Deutschland und Italien. An der Medienkonferenz in Chiasso sprachen Sara Tripodi von CGIL/Filt sowie Pancrazio Raimondo von UIL für die italienischen Kolleginnen und Kollegen. In Basel erklärte der Vorsitzende der deutschen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, Alexander Kirchner: «Wir fordern, dass für die Zeit eines grenzüberschreitenden Einsatzes die Löhne des Landes gezahlt werden, in dem der Einsatz erbracht wird – vorausgesetzt, diese sind nicht niedriger als im Herkunftsland.» In keinem Land dürften unterschiedlich hohe Löhne als «Standortvorteil» zu Lasten der Arbeitnehmer gelten. Dagegen kämpften die Gewerkschaften mit aller Macht an. «Unser soziales Verständnis beruht auf Solidarität und nicht darauf, Beschäftigte gegeneinander auszuspielen», stellte Alexander Kirchner fest.
Rückhalt gibt es auch aus der europäischen Gewerkschaftszentrale in Brüssel. Der Luxemburger Guy Greivelding, Präsident der Bahnsektion der Europäischen Transportarbeiter-Föderation ETF hielt fest: «Es kann nicht sein, dass der grenzüberschreitende Verkehr über Lohndumping organisiert wird. Die ETF fordert ohne Wenn und Aber, dass die am Ort der erbrachten Leistung gültigen Löhne stets gezahlt werden müssen.»
Greivelding wies zudem auf die Bürgerinitiative «Fair Transport Europe» hin, für die zurzeit in der EU die Unterschriftensammlung läuft. Die Initiative fordert soziale Arbeitsbedingungen und faire Löhne im gesamten europäischen Verkehrswesen. Der Luxemburger kündigte zudem einen Relaunch des europäischen sozialen Dialogs Schiene an, an dem auch die Schweiz über die ETF und den Arbeitgeberverband CER teilnimmt.
Zuvor hatten die Gewerkschafter in den Rangierbahnhöfen Muttenz bei Basel und Chiasso ihre Forderung mit einer symbolischen Blockade des Güterverkehrs unterstrichen. Gemeinsam stellten sich die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter mit einem Transparent vor eine abfahrbereite Lok und illustrierten damit die Forderung: «Schweizer Löhne auf Schweizer Schienen – erst recht am Gotthard».