(29.09.2016)
An der 80. Mitgliederversammlung der LITRA wurden die diesjährigen Gewinner des Prix LITRA ausgezeichnet. Die Träger dieses Preises für wissenschaftliche Arbeiten im Bereich öffentlicher Verkehr sind die Masterabsolventen Dominic Stucki von der ETH Zürich, Giovanni di Carlo von der ETH Zürich und die beiden Bachelorabsolventen Michael Brack und Gzim Kryeziu von der ZHAW.
Seit 2011 vergibt die LITRA einen Preis für Bachelor- und Master-Arbeiten, die sich dem Thema öffentlicher Verkehr widmen. Sieben Diplomarbeiten wurden dieses Jahr von Studierenden verschiedener Schweizer Hochschulen und Universitäten eingereicht. Die Jury hat sich nach eingehender Prüfung der Bewerbungen für die Vergabe von drei Preisen entschieden.
Welches Verkehrssystem braucht die Schweiz?
Dominic Stucki entwickelte in seiner Masterarbeit am Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich eine Langfriststrategie für den Schweizer Fernverkehr im Horizont 2050, welche die künftige Mobilitätsnachfrage abdeckt, ohne die Zersiedelung zu begünstigen. Dafür baut Dominic Stucki zunächst ein Zielsystem mit 20 Indikatoren zu den Oberthemen „Abstimmung Raumentwicklung und Verkehr“, „Nachhaltige Infrastruktur- und Angebotsentwicklung“ sowie „Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz steigern“ auf. Dieses Zielsystem wird auf insgesamt fünf Langfriststrategien angewendet, die höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten, einen dichteren Takt und einen einfacheren Zugang zum öV unterschiedlich gewichten. Als Bestvariante erwies sich ein Konzept, das die Taktknoten in den Zentren teilweise auflöst. So werden in der Nähe der grossen Hauptbahnhöfe neue Umsteigeverbindungen geschaffen, welche die tangentiale Führung von einigen Schnellzügen um die Zentren herum erlauben und wichtige Entwicklungsgebiete erschliessen. Durch diese und weitere Massnahmen werden die notwendigen Kapazitätssteigerungen und deutliche Reisezeiteinsparungen für Mittel- und Subzentren erreicht. Dominic Stucki leistet mit der Entwicklung seiner fünf Langfriststrategien und deren sorgfältigen Evaluation mit einem selbst entwickelten Zielsystem einen wichtigen Beitrag und wertvolle Alternativen für die Planung des öV Schweiz im Horizont 2050.
Bahnhofsnahe Entwicklungspotentiale in Gemeinden verschiedener Grössen und ihr Beitrag zur Stärkung der Ortskerne
Giovanni di Carlo untersuchte in seiner Masterarbeit am Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung der ETH Zürich das Entwicklungspotential von Bahnhofarealen in mittleren und kleineren Gemeinden der Schweiz. Während Eisenbahnunternehmen in den vergangenen Jahren insbesondere in Areale in der Nähe von Grossbahnhöfen investiert haben, sind die Potentiale in kleineren Gemeinden und Bahnhöfen bisher kaum beachtet. Giovanni di Carlo analysiert in einem quantitativen Teil bahnhofsnahe Areale in insgesamt 543 Gemeinden hinsichtlich bebaubaren Flächen, Baureife und Grösse. Anhand von Fallbeispielen wird untersucht, wo Synergien zwischen Bahnhofarealen und Ortskernen geschaffen werden können. Die Arbeit zeigt, dass mittelgrosse Gemeinden am meisten Entwicklungsflächen aufweisen, diese sind eher kleinflächig und häufig baureif. Diese Areale können attraktiv sein, weil sie rasch realisierbare Projekte erlauben, häufig zwischen Bahnhof und Ortskern liegen und so wichtige Synergien schaffen können. Giovanni di Carlo beleuchtet mit seiner Arbeit einen bisher wenig beachteten Aspekt der Raum- und Siedlungsentwicklung. Er wendet die GIS-Daten gekonnt an, um an die überbaubaren bahnhofsnahen Flächenpotentiale zu gelangen. Die Arbeit liefert wichtige Impulse für die Raumplanung abseits der boomenden Zentren.
Entwicklung eines Beratungstools für die E-Busbeschaffung
Michael Brack und Gzim Kryeziu entwickelten in ihrer Bachelorarbeit an der ZHAW School of Engineering ein Beratungstool für die Beschaffung von elektrisch angetriebenen-Bussen. Mit dem Tool soll die Beschaffung von Hybrid-, Brennstoffzellen- und Batteriebussen mit herkömmlichen Dieselbussen verglichen werden können. Als Kriterien werden die Gesamtkosten (z.B. Dieselpreis, Anschaffungskosten, Wartungskosten) und qualitative Aspekte wie Machbarkeit im praktischen Betrieb, Umweltauswirkungen und Flexibilität im Einsatz verwendet. Die Modellierung zeigt, dass der Dieselbus unter den heutigen Bedingungen klar das günstigste Fahrzeug ist. Rund 25% teurer sind der Hybrid- und Batteriebus, doppelt so teuer der Brennstoffzellenbus. Die betriebliche Flexibilität spricht für Diesel-, Hybrid- und Brennstoffzellenbusse, die Emissionswerte für Brennstoffzellen- und Batteriebusse. Michael Brack und Gzim Kryeziu haben in ihrer Arbeit ein praxisnahes Beratungstool zur E-Bus-Beschaffung entwickelt, mit dem sich betriebliche Rahmenbedingungen und mögliche Preisentwicklungen berücksichtigen lassen.
Die LITRA plant, auch im nächsten Jahr einen Preis für hervorragende studentische Arbeiten im Bereich des öffentlichen Verkehrs auszurichten. Die Ausschreibung erfolgt im Frühling 2017. Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.litra.ch.