(18.04.2013)
Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz wird den Bau einer zweiten Strassenröhre am Gotthard mit allen demokratischen Mitteln bekämpfen. Eine zweite Röhre ist verfassungswidrig, unnötig, immens teuer, und sie sabotiert die Verlagerungspolitik. Dies unterstreicht der VCS in der so eben zu Ende gegangenen Vernehmlassung über die Änderung des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet.
Der VCS hat eine zweite Strassenröhre am Gotthard stets abgelehnt. Notfalls wird er den vom Bundesrat geplanten Bau mit dem Referendum bekämpfen, denn die Bundesverfassung verbietet die Erweiterung der Transitstrassen-Kapazität im Alpengebiet.
Mit dem Bau einer zweiten Röhre wird jedoch die Grundlage eben dafür geschaffen. Daran ändert sich nichts, wenn der Bundesrat beteuert, er wolle im Gesetz festschreiben, dass nur eine Spur pro Tunnel benutzt werden dürfe. Das physisch vorhandene Potenzial für einen Kapazitätsausbau besteht, sobald eine zweite Röhre gebaut wird. Der Ruf, alle vier Spuren am Gotthard zu nutzen, würde bald laut. Damit stiege die Umweltbelastung, und die Verlagerungspolitik würde zu Grabe getragen.
Ist der Verfassungsgrundsatz über den fragwürdigen Umweg einer Gesetzesänderung erst einmal ausgehöhlt, wird der nächste Schritt – die entsprechende Anpassung der Verfassung – sehr leicht gemacht. Solche Spielchen sind der Schweizer Demokratie unwürdig.
Der Bau einer zweiten Gotthardröhre ist jedoch nicht nur verfassungswidrig, sondern auch unnötig. Studien des Bundes zeigen, dass die notwendige Sanierung des alten Strassentunnels problemlos auch anders realisiert werden kann. Die Eisenbahn ist nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels ohne weiteres in der Lage, den gesamten Strassenverkehr zu übernehmen, wenn die Bauarbeiten bzw. die Sperrzeiten auf das Winterhalbjahr (zwischen Herbstferien und Ostern) beschränkt werden.
Dies wird auch vom Bundesrat nicht bestritten. Was am Lötschberg als Dauerlösung bestens funktioniert, kann am Gotthard als Provisorium nicht falsch sein. Die auf 2020 geplante Fertigstellung des 4-Meter-Korridors am Gotthard eröffnet weitere Möglichkeiten.
Schliesslich erstaunt es auch, wie grosszügig der Bundesrat am Gotthard Geld ausgeben will. Für den Eisenbahnverlad könnte eine kostendeckende Gebühr erhoben werden. Zieht man diese Gebühr in Betracht und hält man sich die Unterhaltskosten einer zweiten Röhre vor Augen, kommt die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung 2,9 bis 3,5 Mrd. Franken teurer zu stehen als die Einrichtung eines Bahnverlads. Von den Investitionen in eine zweite Röhre würde einzig die Bauindustrie profitieren.
Auch die Verkehrssicherheit ist kein Argument für den Bau einer zweiten Röhre. Jährlich starben in den letzten Jahren durchschnittlich 0,7 Menschen im Gotthardtunnel. Diese Zahl ist zu messen an den rund 300 Verkehrstoten in der ganzen Schweiz, welche vor allem inner- und ausserorts ums Leben kommen. Für einen Bruchteil der Kosten einer zweiten Röhre könnte andernorts durch geeignete Massnahmen das Leben von jährlich 100 oder mehr Menschen gerettet werden.