(28.10.2012)
Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz ist bereit, das Referendum gegen den Bau einer zweiten Strassenröhre am Gotthard zu ergreifen. Die Konferenz der VCS-Sektionen als zuständiges Gremium gab der Geschäftsleitung dafür am Samstag in Bern einstimmig grünes Licht. Damit ist der VCS gerüstet, falls das Parlament die Pläne des Bundesrats gutheissen sollte.
Ende Juni gab Verkehrsministerin Doris Leuthard bekannt, der Bundesrat wolle eine zweite Strassenröhre am Gotthard bauen. Diese soll während der Sanierung des alten Strassentunnels als Ersatz dienen und später einspurig weiter betrieben werden.
Der VCS lehnt dieses Unterfangen entschieden ab. Er teilte deshalb schon im Juni mit, ein Referendum gegen den Bau einer zweiten Röhre zu prüfen. Diesen Samstag gab nun die Planungskonferenz des VCS, in der alle Sektionen vertreten sind, der VCS-Geschäftsleitung einstimmig grünes Licht für dieses Unterfangen. Sollte das Parlament sich hinter die Pläne des Bundesrats stellen, wird der VCS zusammen mit den anderen Umweltorganisationen das Referendum ergreifen.
Der Bau einer zweiten Strassenröhre am Gotthard macht weder ökologisch noch ökonomisch Sinn. Zwar will der Bundesrat festlegen, dass nach der Sanierung des alten Tunnels nie mehr als zwei Spuren gleichzeitig für den Verkehr freigegeben werden dürfen. Es wäre jedoch sehr naiv zu glauben, die Auto- und Strassenverbände würden sich damit begnügen. Bald würde der Ruf laut, die Gesetzgebung anzupassen und alle vier Spuren zu öffnen.
Die CO2-Emissionen, die Belastung mit Luftschadstoffen und der Lärm würden als Folge dessen weiter steigen. Gleichzeitig würde sich die Politik aber auch zur Totengräberin der Verlagerungspolitik machen. Eine zweite Röhre würde zudem – wie schon heute der alte Tunnel – jährlich für Lüftung, Beleuchtung und Hilfsbetriebe so viel Strom verbrauchen wie mehrere tausend Haushalte. Ganz zu schweigen von den enormen Mengen an grauer Energie, die für den Tunnelbau benötigt würden.
Finanziell wäre eine zweite Röhre ebenfalls Unsinn. Alleine der Tunnelbau dürfte laut Schätzungen des Bundesrats auf rund 2,8 Milliarden Franken zu stehen kommen. Die Betriebs- und Unterhaltskosten für beide Röhren würden weitere 2 bis 3 Milliarden verschlingen, die Sanierung der alten Röhre zusätzliche 650 bis 890 Millionen. Profitieren würde vom Bau einer zweiten Strassenröhre einzig das Baugewerbe.
Auch die Verkehrssicherheit würde durch den Bau einer zweiten Röhre nur unwesentlich verbessert. Nach dem tragischen Lastwagenbrand im Jahr 2001 sind umfassende Verbesserungen am alten Tunnel vorgenommen wurden. Die Zahl der Unfälle sank auf einen Fünftel der früheren Werte.
Eine Rollende Landstrasse während der Sanierungsarbeiten – für LKW im Gotthard-Basistunnel, für Autos im Scheiteltunnel – ist die weitaus bessere Lösung. Die Umweltbelastung fällt so viel geringer aus. Diese Lösung kommt laut dem Bundesamt für Strassen zudem lediglich auf 1,2 bis 1,9 Milliarden Franken zu stehen – die Kosten für die Sanierung des alten Tunnels inbegriffen. Nach der Sanierung kann die Rollende Landstrasse weiter betrieben werden, um die Güterverlagerung voran zu bringen.