(05.03.2016)
Eine neue Studie aus Sicht Verhaltensökonomie zeigt, dass soziale Normen am Arbeitsplatz und Gewohnheiten für das Pendlerverhalten entscheidend sind. Das wirft ein neues Licht auf die „Mobility-Pricing“-Diskussion. Die Studie von FehrAdvice postuliert, dass vor Preisanreizen neue Mobilitätsmodelle zwischen Pendlern, Unternehmen und der Politik realisiert werden sollten.
Pendeln zur Hauptverkehrszeit ist teuer. Die Verkehrsinfrastruktur der Schweiz wird aktuell auf die Nachfragespitzen von Morgen und Abend dimensioniert. Entsprechend hohe Kosten sind die Folge. Eine Studie, die von SBB, VöV und den kantonalen Verkehrsdirektoren in Auftrag gegeben wurde, ermöglicht neue Sichtweisen auf das Pendlerverhalten aus verhaltensökonomischer Sicht. Es zeigt sich, dass insbesondere soziale Normen am Arbeitsplatz, durch Vorgesetzte und Kollegen ein starker Treiber der Spitzennachfrage sind. Chefs und Kollegen schauen demonstrativ auf die Uhr, wenn jemand später im Büro eintrifft – und das trotz flexibler Arbeitszeitmodelle. Zudem werden bestehende Verhaltensmuster beim Pendeln wenig bis gar nicht hinterfragt – man fährt weiter zu Spitzenzeiten.
Ein in diesem Zusammenhang häufig erwähnter Lösungsansatz zur Steuerung der Verkehrsströme ist „Mobility Pricing“; hier wird die Nutzung von Verkehrsmitteln zu unterschiedlichen Tageszeiten und unterschiedlichen Strecken je nach Nachfrage bepreist. Mobility Pricing setzt auf Sanktionierung und rein finanzielle Anreize. Im Rahmen der Studie wurden Alternativen zum Sanktionierungsansatz untersucht. Ziel der Studie war es herauszufinden, wie viele Menschen prinzipiell flexibler pendeln könnten, was die Gründe sind, warum sie dennoch zu Hauptverkehrszeiten fahren, obwohl das Platzangebot geringer ist und wie man die richtigen Anreize setzten kann, um eine gleichmässigere Auslastung im Tagesverlauf zu erreichen.
Rund 60 Prozent der Pendlerinnen und Pendler könnten gemäss Studie flexibler pendeln als sie es aktuell tun. Sie postuliert, dass das enge Zusammenspiel zwischen Unternehmen, Politik und Pendlern entscheidend ist, um die Nachfragespitzen zu glätten. Solche Massnahmen seien vor preislichen Anreizen auszuschöpfen. Die Ecoplan-Studie im Auftrag der SBB (2015) hatte geschätzt, dass der öffentliche Verkehr durch das Glätten von Verkehrsspitzen rund 140 Millionen CHF pro Jahr einsparen könnte.
Die detaillierten Ergebnisse der Studie FehrAdvice wurden im Rahmen der VöV Branchenkonferenz am 3. März 2016 vorgestellt.