(12.03.2015)
Attraktive Modelle zur Finanzierung neuer Schienenfahrzeuge sind nach den Worten von Verkehrsminister Winfried Hermann ein zentrales Element für ein modernes Nahverkehrsangebot in Baden-Württemberg. „Neufahrzeuge kosten viel Geld und müssen über Kredite finanziert werden. Die meisten Bieter bekommen bei den Banken aber schlechtere Konditionen als der Marktführer DB als Staatskonzern. Deshalb muss im Interesse eines echten Wettbewerbs bei den Ausschreibungen des Landes Chancengleichheit hergestellt werden. Das erreichen wir mit der Landesanstalt Schienenfahrzeuge“, erklärte der Minister am Donnerstag in der Plenarsitzung des Landtags. „Die Landesanstalt kauft die gewünschten Fahrzeuge und verpachtet sie für die Nutzung.“
Das Parlament verabschiedete in abschließender zweiter Lesung das Gesetz zur Errichtung der Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW). Diese soll kleineren Verkehrsunternehmen den Ankauf entsprechender Fahrzeuge ermöglichen. Die positive Reaktion auf die Ausschreibung der Stuttgarter Netze im vergangenen Jahr zeige die Notwendigkeit der Einrichtung einer entsprechenden Landesanstalt, so
Hermann. „Mehr als eine Handvoll Bieter interessieren sich dafür, in den Stuttgarter Netzen SPNV-Leistungen zu fahren, weil wir diese günstige Fahrzeugfinanzierung bieten“, berichtete der Verkehrsminister.
Die Landesanstalt nimmt die entsprechenden Kredite für die Beschaffung von Zugmaterial selbst auf. Da sie aufgrund des Triple-A-Ratings des Landes günstigere Kredite bekommt, könne sie diese quasi an die Bieter weiter geben. „Das ist schlussendlich zum Vorteil für das Land, weil dadurch die Kosten gesenkt werden. Bieter preisen Fahrzeugkosten in ihr Angebot ein, das Land als Besteller zahlt deshalb weniger, als wenn private Unternehmen das selbst finanziert“, erläuterte Hermann in der Landtagssitzung.
Hintergrund:
Am 24. April 2013 hat der Landtag einstimmig im Nachtrag zum Haushaltsplan für die Jahre 2013 und 2014 die Grundlage für Kapitalgarantien auch zugunsten einer Einrichtung des Landes gelegt. Dort wurden Garantieermächtigungen für zwei verschiedene Finanzierungsmodelle in Höhe von insgesamt ca. 3,4 Mrd. Euro festgeschrieben.
Die SFBW wird Eigentümerin und Verpächterin der Fahrzeuge. Sie ist die für das Land wirtschaftlichste Lösung, da sie die Vorteile der öffentlichen und privaten Rechtsform verbindet. Die Anstalt unterliegt der vollständigen Prüfung durch den Landesrechnungshof.
Im Vorfeld des Nachtragsgesetzes 2013/2014 haben das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in einem breit angelegten Prozess unter Beteiligung des Landesrechnungshofs und externer Sachverständiger die möglichen Modelle zur Fahrzeugfinanzierung erörtert.
Beim „Baden-Württemberg-Modell“ können sich die Unternehmen die günstigeren Kreditkonditionen des Landes erschließen und des Restwertrisikos für neue Fahrzeuge entledigen, indem Fahrzeugeigentümer- und -verpächterstellung in einer vom Land getragenen, rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, der SFBW, gebündelt werden.
Dabei erfolgt die Fahrzeugauswahl wie bisher durch das Unternehmen. Wenn dieses unter Inanspruchnahme des BW-Modells das wirtschaftlichste Angebot abgibt und somit den Zuschlag erhält, kauft die SFBW die gewünschten Fahrzeuge und verpachtet sie an das Bahnunternehmen zurück. Das Land garantiert dann für den Schuldendienst der SFBW. Wartung und Instandhaltung bleiben Aufgabe des Verkehrsunternehmens, werden aber von der SFBW kontrolliert. Da die Fahrzeuge nach Ablauf des Verkehrsvertrages in der Regel noch nicht abgeschrieben sind, werden sie bei der Zweitausschreibung dem dann erfolgreichen Bieter beigestellt. Das Land bleibt Eigentümer der Fahrzeuge.
Die SFBW wird für das Land kostenneutral sein. Sie wird sich aus den Pachtzahlungen der Eisenbahnunternehmen für die Fahrzeuge in Verbindung mit vom Land gesicherten, aus diesen Pachtentgelten zu tilgenden Krediten finanzieren. Errichtung und laufender Betrieb der SFBW werden somit den Landeshaushalt wie auch die kommunalen Haushalte nicht belasten.
Neben dem BW-Modell bietet das Land den Bietern für die Beschaffung von Neufahrzeugen auch noch das sogenannte Kapitaldienstgarantiemodell (KDG-Modell) an. Bei diesem Modell wird nicht die SFBW, sondern eine private Leasinggesellschaft Eigentümerin und Verpächterin der Fahrzeuge. Das Land garantiert dann gegenüber den Banken für den Schuldendienst der Leasinggesellschaft. Das KDG-Modell ist wegen der zwischengeschalteten Leasinggesellschaft jedoch komplizierter als das BW-Modell und daher bei den Bietern weniger beliebt.