(07.06.2013)
Die SBB hat die Situation des Industriewerks in Bellinzona (IWB) in den letzten Monaten eingehend analysiert. Das Werk verzeichnet aktuell eine stabile Auftragslage und hat eine gute Zukunftsperspektive. Erfolgsversprechende Wachstumsfelder sind die Geschäftsbereiche Lokomotiven und Radsätze.
Damit kann der zu erwartete Rückgang im Güterwagengeschäft teilweise kompensiert werden. Voraussetzung dazu ist, dass sich das IWB stärker am Markt und an den Kunden orientiert und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Die SBB engagiert sich zudem im vom Kanton initiierten «centro di competenza», welches auf dem Areal des IWB angesiedelt werden soll. Die Aus- und Weiterbildung am Standort Bellinzona wird weiter ausgebaut. Nicht weiterverfolgt werden zusätzliche Nutzungsoptionen für das IWB-Gelände, welche im Rahmen der Studie AREA geprüft wurden.
Die SBB hat in den vergangenen Monaten eine umfassende Situationsanalyse zur aktuellen Situation und den künftigen Marktchancen des Industriewerks Bellinzona vorgenommen. Das Ziel: Das Werk stabilisieren und eine klare Strategie für die nachhaltige Entwicklung festlegen. Die Analyse hat aufgezeigt, dass die Auftragslage des IW Bellinzona, in welchem aktuell rund 450 Mitarbeitende tätig sind bis ins Jahr 2016 stabil ist, sofern die Anstrengungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Ausrichtung am Markt konsequent weiter geführt werden.
Gute Wachstumschanchen sieht die SBB für die Bereiche Lokomotiven und Radsätze. So wurde im vergangenen November eine neue Radsatz-Aufbereitungsanlage in Betrieb genommen. Dank dieser Investition und dem weiteren Ausbau der Kompetenzen in den zwei Geschäftsfeldern Lokomotiven und Radsätze kann das IW Bellinzona die Chancen am Markt nutzen, um sich als konkurrenzfähiger Anbieter am Markt zu positionieren. Im traditionellen Güterwagengeschäft, dem Kerngeschäft des Werks, geht die SBB jedoch von einer rückläufigen Entwicklung aus. Die Gründe: Der zunehmende Wettbewerb durch internationale Anbieter vor allem in Osteuropa beeinträchtigen die Konkurrenzfähigkeit des Industriewerks in Bellinzona. Das IW Bellinzona konzentriert sich deshalb im Güterwagengeschäft auf die langfristige Sicherung der bestehenden Kundenbeziehungen. Als grösster Kunde wird die Division SBB Cargo nach wie vor einen grossen Teil der Güterwagen-Revision über das Industriewerk in Bellinzona abwickeln.
Parallel zur Fokussierung auf die Bereiche Lokomotiven und Radsätze und auf die Weiterführung des Güterwagengeschäfts wird das IW Bellinzona ergänzende Leistungen im Engineering anbieten – insbesondere in den Bereichen Problemlösung und Diagnose.. Dies ermöglicht dem IW, neue Geschäftsmöglichkeiten zu entwickeln.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Industriewerks muss in allen Bereichen kontinuierlich verbessert werden. Dies wird einerseits durch Effizienzsteigerungen und durch Kapazitätsanpassungen realisiert. Zum anderen durch generelle Kostenreduktionen, unter anderem im Bereich der Fixkosten. Die notwendigen Massnahmen sind die Grundvoraussetzung, um die möglichen Marktziele zu erreichen und werden im Rahmen des operativen Geschäfts nach unternehmerischen Gesichtspunkten umgesetzt.
Geprüft und verworfen wurde ein Verlegung des Werkes nach Biasca. Das Areal ist für die Bedürfnisse des Industriewerkes zu klein und zudem aus Kosten- und Effzienzgründen keine Alternative zu Bellinzona.
SBB und Kanton wollen nachhaltige Entwicklung des Standorts sicherstellen
Die SBB engagiert sich im vom Kanton geplanten «centro di competenza», aus dessen Projekten langfristig Aufträge für das Industriewerk erwartet werden. Mit diesem Engagement will die SBB den Kanton Tessin unterstützen und damit die wirtschaftliche Entwicklung des Standorts nachhaltig stärken. Zur Realisierung des «centro di competenza» stellt die SBB dem Kanton in einer ersten Phase die entsprechenden Räumlichkeiten auf dem Areal des Industriewerks zur Verfügung. Innerhalb des Verbunds der SBB werden zudem neue Möglichkeiten genutzt. So übernimmt der Geschäftsbereich Operation der Division Personenverkehr die Instandhaltungsarbeiten für die Instandhaltungsflotte des Gotthard-Basis Tunnels. Daraus werden für das Industriewerk Bellinzona in Zukunft zusätzliche Aufgaben resultieren.
AREA-Studie abgeschlossen – Nutzungsoptionen werden nicht weiterverfolgt
Vor dem Hintergrund der möglichen Entwicklungsszenarien auf dem Areal des Industriewerks Bellinzona hat die SBB im vergangenen Jahr eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ziel: Aufzeigen und Prüfung von möglichen Nutzungsoptionen für den Kanton und die Stadt Bellinzona, falls sich die wirtschaftliche Situation des Werkes langfristig negativ entwickelt hätte. Aufgrund der positiven Wachstumsaussichten im Geschäft besteht jedoch aus heutiger Sicht seitens der SBB kein Handlungsbedarf, die aufgezeigten Nutzungsoptionen zu realisieren. Möglicherweise resultiert aus der Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten Flächenbedarf. Die Studie wurde der Stadt Bellinzona und dem Kanton Tessin übergeben. Diese können bei Bedarf allfällige Änderungen in der Zonenplanung einleiten. .
Aus- und Weiterbildung am Standort Bellinzona fördern und ausbauen
Die SBB ist einer der grössten Ausbildner im Kanton Tessin. Im Rahmen der bestehenden Ausbildungsverbunds des öffentliche Verkehrs «login» bildet die SBB in Bellinzona jährlich rund 50 Lernende in diversen Berufen aus. Im Bereich Training und Weiterbildung strebt die SBB eine enge Zusammenarbeit mit dem «centro di competenza» an. Die SBB wird zudem den internen Aus- und Weiterbildungsbedarf der Mitarbeitenden im Tessin vom Standort des Industriewerks Bellinzona koordinieren und das Angebot entsprechend weiter entwickeln, wie beispielsweise die Ausbildung der Lokführer für die Strecke Mendrisio-Varese und für die neuen Funktionen rund um den Ausbau des Gotthards. Das Unternehmen beschäftigt im Kanton Tessin rund 2'000 Mitarbeitende. Langfristige Möglichkeiten einer Erweiterung des Ausbildungsangebots (z.B. Aufbau eines CAS) in Zusammenarbeit mit Hochschulen werden gemeinsam mit dem Kanton geprüft.