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(18.06.2014)

Über Zulassungsprobleme von Schienenfahrzeugen beim Eisenbahnbundesamt wurde viel berichtet. Die Folgen sind massiv - nicht nur für die Kunden - sondern auch gerade für die Hersteller. In teilweiser Vorwegnahme von EU-Vorgaben hat ein runder Tisch ein Memorandum erarbeitet. Das Memorandum umfasst einen überarbeiteten Zulassungsprozess und soll die Planungssicherheit der Hersteller erhöhen.


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Bevor Bahntechnik zum Einsatz kommt, muss sie erst die technische Zulassung durchlaufen. Deutschland ist aufgrund der Größe des Markts, der Vielzahl von ansässigen Unternehmen und der strengen Aufsicht durch das Eisenbahnbundesamt („EBA") eine wichtige Benchmark für die Bahnindustrie in ganz Europa.

Allerdings kam es immer wieder zu Verzögerungen. Daher hat das zuständige Bundesministerium 2013 zum zweiten Mal zu einem runden Tisch mit EBA, Deutscher Bahn und Fachverbänden eingeladen. Man einigte sich auf das „Memorandum of Understanding über die Neugestaltung von Zulassungsverfahren für Eisenbahnfahrzeuge".

Das geplante Vorgehen ist in der Grafik dargestellt. Wesentliche Neuerung ist die Übertragung von umfangreichen Prüftätigkeiten vom EBA auf private Organisationen. Testiert sind inzwischen unter anderem der TÜV Rheinland und der TÜV Nord.

Erfahrungen mit ungeplanten Verzögerungen bei der Genehmigung konnten Hersteller über sämtliche Fahrzeuggruppen hinweg machen. Bombardier Transportation konnte erst nach langer und kostspieliger Nachrüstung den Nahverkehrszug Talent 2 ausliefern. Als Folge kühlte sich das Verhältnis der Deutschen Bahn zum wichtigen Lieferanten Bombardier ab, was Chancen bietet für osteuropäische und japanische Hersteller. Bei Siemens konnten Zusagen beim ICE nicht eingehalten werden, so dass der Hersteller der Deutschen Bahn ein weiteres Fahrzeug als Kompensation umsonst angeboten hat. Stadler hatte ebenfalls Zulassungsprobleme im Nahverkehr. Insgesamt konnten nach Schätzungen des VDV zwischen 2011 und 2013 zwischenzeitlich Schienenfahrzeuge im Wert von mehr als 1,4 Milliarden Euro nicht ausgeliefert werden.

Bei den Herstellern führen Auslieferungsverzögerungen zur Verschiebung von Umsätzen und Nachrüstungskosten an den Fahrzeugen. Bekannt geworden sind die „roten Wälder" von Talentzügen, die im Berliner Bombardier-Werk nachgebessert werden mussten. Eine weitere Folge ist erhöhter Avalbedarf. Hersteller nutzen Avale zur Besicherung der Vorauszahlungen der Abnehmer. Verzögert sich die Auslieferung, steigt der Avalbedarf, so dass Nachverhandlungen mit den Banken notwendig werden können.

Abschließend sehen sich die Hersteller mit öffentlichkeitswirksamen Klagen und zeitaufwendigen Nachverhandlungen konfrontiert. Kläger ist das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das früher als Bundesbahn oft mit der Zulassungsstelle identisch war. In der alten Konstellation waren die Interessen viel stärker gleichgerichtet: Die Bundesbahn war stärker und früher in die Entwicklung eingebunden, und der Hersteller lediglich für die technische Umsetzung zuständig.

Die Auswirkungen auf die Bonität der Hersteller halten sich bisher noch in Grenzen. Dies ist auf die relative Größe und Stabilität der Beteiligten zurückzuführen. Bombardier, Siemens, Alstom oder auch Stadler können Engpässe abpolstern. Anders kann es aber ausgehen bei den neuen, kleineren Wettbewerbern.

Neben den Herstellern betrifft die verzögerte Zulassung und Auslieferung von Fahrzeugen auch die Fahrgäste und damit die Eisenbahnverkehrsunternehmen („EVU"s). Dies hat zu tiefgreifenden Konflikten zwischen Herstellern, EBA und EVUs geführt, auch in Form von Schadensersatzklagen. Der Handlungsbedarf wurde für alle Beteiligten deutlich, Konsequenz war der runde Tisch.

Generell ist die Anzahl der Beteiligten größer geworden, und viele Schnittstellen waren vor der Bahnreform nach außen nicht sichtbar. Die Politik hat das EBA oft kritisiert (Ramsauer: „Verhinderungsmaschine"), Engpässe durch Personaleinsparungen teilweise aber auch mit verursacht. Nach Schätzungen in der Presse hat sich beispielsweise die Anzahl von Mitarbeitern für die Überwachung von Gleisanlagen von 2003 auf 2013 nahezu halbiert.

Umgekehrt wurden dem Amt weitere, nicht sicherheitsrelevante Aufgaben zugeteilt, wie Fahrgastrechte und Lärmschutz. In einigen Fällen hat sich außerdem während des Genehmigungsprozesses supranationales Recht geändert, worauf nationale Anforderungen rückwirkend angepasst wurden. Nicht zuletzt kann die Amtshaftung dazu führen, dass Beamte mehr Zeit für die Zulassung benötigen.

Die Zulassung war bislang häufig geprägt durch lange Bearbeitungsdauern, Mehrkosten sowie Planungsunsicherheit. Wesentliche Änderung unter der neuen Verständigung ist die stärkere Entlastung des EBA durch Einbindung externer Gutachten. Weiterhin wichtig ist das „Einfrieren" der einschlägigen Anforderungen zum Zeitpunkt des Antrags. Diese Anpassungen verbessern die zeitliche und finanzielle Planungssicherheit der Hersteller. Sie sind daher auch aus einer Kreditrisiko-Sicht uneingeschränkt positiv.

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