(16.05.2013)
"Die deutsche Bahnindustrie hat letztes Jahr durch nicht zugelassene Schienenfahrzeuge 500 Millionen Euro an Ergebnis verloren. Die Situation schadet unserer Wettbewerbsfähigkeit, erklärte Michael Clausecker, Präsidiumsmitglied DVF, Vorsitzender der Geschäftsführung Bombardier Transportation GmbH, auf der vom Deutschen Verkehrsforum (DVF) organisierten Veranstaltung der Parlamentsgruppe Schienenverkehr.
"Die Lage wird sich nur verbessern, wenn das Zulassungsverfahren reformiert wird. Einen Fahrplan dazu hat die Bahnindustrie gemeinsam mit dem Eisenbahnbundesamt und den Betreibern an einem "Runden Tisch" aufgestellt. Perspektivisch wird diese Reform aber erst ab 2015 möglich sein. Bis dahin wollen wir mit dem Eisenbahnbundesamt, Prüforganisationen sowie dem Bundesverkehrsministerium neue Zulassungsprozesse erproben. Insbesondere müssen die heutigen Grauzonen bei den Normen beseitigt werden.", so Clausecker weiter.
Bis Sommer diesen Jahres sollen die Übergangsverfahren als freiwillige Regelungen festgeschrieben werden. Die Idee dabei ist nach Aussage des Präsidenten des Eisenbahn-Bundesamts (EBA), Gerald Hörster, ein neues Verfahren: "Da die Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht voraussichtlich noch bis 2015 dauern wird, wollen wir im Vorgriff hierauf schon jetzt auf freiwilliger Basis das Zulassungsverfahren in diese Richtung hin anpassen. Mit den Änderungen wird die Verantwortung der Akteure klarer als bisher geregelt. Damit wird auch deutlich, dass allein die Hersteller den Prozess bis zur Serienreife und Zulassung ihrer Fahrzeuge zu steuern und zu verantworten haben."
Dr. Anton Hofreiter, MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Vorsitzender der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag: "Es kann nicht sein, wenn sich rechtliche Regelungen ändern, dass der Bau des Zuges geändert werden muss. Wichtig ist, dass die Züge sicher und auch international einsetzbar sind."
Hörster betonte an dieser Stelle, dass die Integration in die jeweiligen Schienennetze ebenso wichtig ist wie die Zugzulassung selbst. Es müsse gewährleistet werden, dass die zugelassenen Züge mit den Signal- und Leitsystemen der Schienennetze kompatibel sind, sonst könnten sie darauf nicht fahren.
Aus europäischer Sicht erklärte Keir Fitch, Stellvertretender Kabinettchef, Kabinett des Vizepräsidenten und Kommissar für Verkehr Siim Kallas, Europäische Kommission, dass der europäische Eisenbahnmarkt für mehr Wettbewerb geöffnet werden solle. Die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) würde als "One-Stop-Shop" fungieren und eine Zulassung für Züge erteilen, die in ganz Europa gültig ist. Dafür wolle die ERA sehr eng mit den nationalen Behörden, wie dem EBA, zusammenarbeiten. Ein einmal zugelassener Zug würde dann keine weiteren Zulassungen von anderen Ländern mehr benötigen. Den Herstellern bliebe der Weg einer nationalen Zulassung aber auch weiterhin offen: Züge, die beispielsweise nur in der Region oder in dem Land fahren, wie S-Bahnen, können auch weiterhin von der nationalen Behörde zugelassen werden. Clausecker bewertete den kleinen Schritt zu mehr Wettbewerb im Zulassungswesen positiv "Damit können sich die Hersteller künftig entscheiden, ob sie ihre Fahrzeuge national beim EBA oder international bei der ERA zulassen wollen."