(08.01.2012)
Die ÖVP scheint den Sparzwang des Bundes nutzen zu wollen, um den ÖBB endgültig den Garaus zu machen und Österreich „bahnfrei" zu machen. Zur Erinnerung: Die schwarz-blaue Bundesregierung hat die ÖBB in viele Teilgesellschaften zerschlagen, Verkehrsminister haben im Jahrestakt gewechselt, ein unfähiges ÖBB-Management hat den Güterverkehr ruiniert und durch waghalsige Börsenspekulationen dem Unternehmen ÖBB schweren finanziellen Schaden zugefügt.
Beim Neujahrstreffen von probahn ÖSTERREICH am vergangenen Wochenende fiel die Analyse der Delegierten deutlich aus: Die ÖBB sind derzeit nicht einmal in der Lage, dringend nötige Investitionen zur Erneuerung des Fuhrparks – Anschaffung neuer Fern- und Nahverkehrsgarnituren – zu finanzieren, und sehen sich gezwungen, für den inneralpinen Bahnverkehr nötige Fernverkehrszüge zu verkaufen, um finanziell zu überleben. Fazit: Die ÖBB sind „pleite" und brauchen zum Überleben dringend eine Kapitalerhöhung, welche die Finanzministerin Maria Fekter verweigert. Überzogene Bauprojekte des Bundes wie der Brenner-Basistunnel zwingen den ÖBB eine immense Schuldenlast mit hoher Zinsbelastung auf. In der Öffentlichkeit werden diese Bundesschulden fälschlicherweise als Subventionen der ÖBB bezeichnet.
Die Lösung – auch in Sparzeiten – kann nicht darin bestehen, dass das Unternehmen ÖBB sein Familiensilber, wie die Kraftwerke und Immobilien verscherbelt, um zu überleben, sondern dass sich die Bundesregierung ihre Verantwortung für einen attraktiven Öffentlichen Verkehr zum Wohle der Bevölkerung, aber auch aus Klimaschutzgründen wahrnimmt.
Der Vorschlag im ÖVP-Spaket, auch noch die zwischen Bund und ÖBB vereinbarten Gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) in Höhe von 578 Mio. Euro in Frage zu stellen, ruiniert die ÖBB gänzlich und muss als ein Anschlag auf die Bahnkunden gesehen werden. Der Öffentliche Verkehr ist abseits der Westbahnstrecke unterdotiert, sowohl was den Bahnausbau betrifft als auch die Finanzierung eines attraktiven Taktverkehrs. Derzeit gibt es zwischen Linz und Graz keine direkten Zugverbindungen, zwischen Salzburg und Graz nur drei Direktverbindungen pro Tag!
Es verstärkt sich der Eindruck, dass die ÖVP sich das Land NÖ als Vorbild zu nehmen scheint und Österreich „bahnfrei" machen will. NÖ hat es schon geschafft, den Bahnverkehr im Walt- und Mostviertel weitgehend „bahnfrei" zu machen.
Von der SPÖ als Kanzlerpartei erwartet sich probahn eine klare Positionierung für die Bahn und die Durchsetzung einer Kapitalaufstockung für die ÖBB, aber auch eine höhere Dotation für einen österreichweiten Integralen Taktfahrplan für Bahn und Bus, der es den Menschen in allen Regionen ermöglicht, tagtäglich ohne Auto unterwegs zu sein. Klimaschutzmaßnahmen – Bahnfahren ist wirksamer Klimaschutz – muss auch in Sparzeiten Priorität haben.