(29.11.2011)
Um das Bahnfahren für möglichst viele Menschen attraktiv zu machen, müssen neben Pünktlichkeit und guten Anschlüssen Service und Qualität stimmen. Die Deutsche Bahn AG hat das inzwischen erkannt und im September 2010 eine Kunden- und Qualitätsinitiative gestartet. 330 Millionen Euro will das Unternehmen bis 2015 investieren, unter anderem für die gründliche Reinigung der Züge, eine verbesserte Kundeninformation vor allem in Störungsfällen sowie den Ausbau von Videoüberwachung und Wetterschutz in Bahnhöfen.
2011, ein Jahr nach Beginn der Qualitätsoffensive besteht weiterhin Handlungsbedarf bei den Kernpunkten Sauberkeit und Informationen, so dass zentrale Ergebnis des 10. Bahntest des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Grundsätzlich aber, beurteilen die Bahnreisende das Gesamtangebot der DB im Fernverkehr positiv.
Die schlechteste Note im »VCD Bahntest 2011 - Qualität und Service» wird für einen der wichtigsten Servicepunkte vergeben − die Information im Zug beim Auftreten von Störungen. Befriedigend (Schulnote 3,2) lautet das Urteil der Fahrgäste. Ebenso mittelmäßig eingeschätzt wird der Zustand der Züge, insbesondere der durchschnittlich 40 Jahre alten ICs. Die Teilnehmer des VCD-Bahntest vergaben für diese Zuggattung bei der Sauberkeit des Sitzplatzes, bei der Ausstattung des Zuges und dem Zustand der Toiletten lediglich die Note 2,7. Damit liegen sie in der Qualität weit hinter dem ICE zurück.
Michael Ziesak, VCD-Bundesvorsitzender: „Um möglichst viele Menschen für die klima- und ressourcenschonende Bahn zu gewinnen, muss Bahnfahren nicht nur verlässlich, sicher und unkompliziert sein, sondern muss zudem als angenehm empfunden werden. Dazu braucht es moderne und saubere Züge, die regelmäßig gereinigt werden. Während der Fahrt, sollte das auch die Toiletten betreffen. Mit der Bestellung neuer Fernverkehrszüge hat die Deutsche Bahn allerdings viel zu lange gewartet. Die DB ist auf Verschleiß gefahren. Diese Versäumnisse rächen sich jetzt und gehen, wie so oft, zu Lasten der Fahrgäste. Auch gehen die Sparpläne der Deutschen Bahn das Reinigungspersonal zu kürzen, in die völlig falsche Richtung."
Neben dem Zustand und der Sauberkeit der Züge und Bahnhöfe untersuchte der 10. VCD-Bahntest die Qualität von Informationen an Bahnhöfen und während der Zugfahrt, die Kompetenz des Bahnpersonals und die Pünktlichkeit von Fernzügen. Beauftragt wurde mit der Befragung das Hamburger Forschungsinstitut Quotas. TeilnehmerInnen seines Panels protokollierten über einen Zeitraum von fünf Monaten bundesweit 1404 Fahrten mit dem DB-Fernverkehr. Durch die Langfristigkeit der Untersuchung und die hohe Fallzahl der protokollierten Fahrten handelt es sich um eine gesicherte Stichprobe, die Tendenzen aufzeigt.
Im Normalfall sind die Reisenden mit Informationen im Bahnhof, zu Anschlusszügen und Abfahrtsgleisen zufrieden. Treten allerdings Probleme auf, zum Beispiel bei Fahrplanabweichungen, herrscht immer noch ein Mangel an Informationen. Insgesamt vergeben die Fahrgäste dafür die Note 3,1. Nur 43 Prozent der Befragten bewerten die Informationen am Bahnhof zu Verspätungen und Zugausfällen mit „gut" bis „sehr gut".
Für den VCD steht damit fest, die Deutsche Bahn muss mehr Personal am Bahnsteig zur Verfügung stellen, das zeitnah und kompetent Auskünfte erteilen kann. Während der Zugfahrt muss das Bahnpersonal ebenso befähigt und willens sein, Informationen zu Anschlusszügen und Abfahrtsgleisen zu geben. Allein auf Durchsagen auf dem Bahnhof zu verweisen, reicht nicht aus. Sie gehen aufgrund der Fülle an Ansagen unter oder sind akustisch schlecht zu verstehen.
Verbesserungsbedarf besteht auch bei der Pünktlichkeit. Von den 1.404 protokollierten Fahrten waren bei Ankunft 33 Prozent verspätet. Aufgrund der hohen Anzahl an Verspätungen unterstreicht Heidi Tischmann Referentin für Verkehrspolitik beim VCD: „Auch wenn die Deutsche Bahn nicht jede Verspätung selbst zu verantworten hat, muss sie alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Pünktlichkeitswerte zu verbessern. Machbar ist dies durch die kontinuierliche Instandhaltung der Züge sowie der Infrastruktur, dem Einsatz von robusten und wetterunabhängigen Zügen, das Vorhalten einer genügenden Anzahl von Reservezügen und mit Blick auf den bevorstehenden Winter, dem Nachrüsten von Weichenheizungen und Enteisungsanlagen."
Mit dem Bahntest und den Ergebnissen will der VCD dazu beitragen, dass Bahnfahren attraktiver zu machen. Die Bahn ist das umweltfreundlichste motorisierte Verkehrsmittel. Sie erspart der Umwelt Lärm, Schadstoffe und Treibhausgase. Mit einer guten Auslastung erhöht sich ihr Umweltvorteil noch einmal. Ist die Bahn zudem komfortabel, kann sie eine wahre Alternative zu Auto und Flugzeug darstellen.
Um die Forderungen für eine bessere Bahn zu untermauern und die Ergebnisse der Kunden- und Qualitätsoffensive weiter im Blick zu behalten, startet der VCD am Mittwoch, den 30. November eine Onlineumfrage. Von da an, bis zum 31. März 2012, können Bahnreisende unter www.vcd.org/bahngeschichten.html ihre ganz persönlichen Erfahrungen rund ums Bahnfahren in Wort und Bild mitteilen. Ziel ist ein deutschlandweites Stimmungsbild zu erfassen. Eine Übergabe der Ergebnisse an die DB AG ist für den Frühjahr 2012 geplant.