(12.06.2014)
Die Schweizer Rollmaterial- und Verkehrsindustrie hat Zukunft: Das ist das Resultat einer Studie, die die Gewerkschaften Unia und SEV präsentieren. Es braucht dazu aber auch den Willen aller Beteiligter, dass die Schweiz als Bahnland auch ein Bahnindustrieland bleibt. Forschung und Ausbildung sind die entscheidenden Faktoren, die es zu fördern gilt.
Die Rollmaterial- und Verkehrstechnik-Industrie der Schweiz ist heute international gut aufgestellt und konkurrenzfähig. Das zeigt eine Studie der Metron Verkehrsplanung AG, die Unia und SEV gemeinsam in Auftrag gegeben haben und heute vorstellen. Der eben erst erfolgte Zuschlag an Stadler Rail für den Bau der neuen SBB-Gotthardzüge bestätigt diese Erkenntnis. Diese starke Position ist aber mittel- und langfristig überhaupt nicht gesichert. Die Einbrüche, welche die Rollmaterialindustrie in der Schweiz vor allem in den achtziger Jahren, aber auch später erlebt hat, sind noch in schlechter Erinnerung.
Die Lehre, die es daraus zu ziehen gilt, ist klar: Die Rolle und die Bedeutung der schweizerischen Bahn- und Rollmaterialindustrie hängt ganz wesentlich von der politischen Steuerung der nationalen und regionalen Verkehrspolitik, von den Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie von der Qualität und Förderung der Berufsbildung und der Investitionen in Fachhochschulen und Universitäten ab. Deshalb wäre es gesellschaftspolitisch und volkswirtschaftlich unverantwortlich, die Ausgestaltung des öffentlichen Verkehrs und des gesamten Verkehrssystems (öffentlicher Verkehr, Privatverkehr und privates Transportwesen) ausschliesslich dem freien Markt zu überlassen.
Die Metron-Studie belegt unter anderem, dass im Vergleich mit der allgemeinen Entwicklung im zweiten Sektor (Industrie) der Bereich Schienenfahrzeugbau deutlich besser abschneidet, während sich der Bereich Reparatur und Instandhaltung klar unter der Beschäftigtenentwicklung des zweiten Sektors bewegt.
Die Strukturentwicklung der untersuchten Unternehmen der Rollmaterialindustrie belegt, dass sich das Qualifikationsprofil im allgemeinen erhöht hat, das heisst, dass die Anforderungen an berufliche Grund- und Weiterbildung gestiegen sind und weiterhin steigen werden. Die Untersuchung bei den Unternehmen Stadler Rail, Bombardier und Siemens zeigt, dass die absolute Anzahl Auszubildender am Ende der betrachteten Periode bei allen drei Unternehmen mindestens gleich hoch ist wie zu Beginn:
- Bei Bombardier wurde die Gesamtanzahl der Auszubildenden leicht angehoben, die Lehrlingsquote hat sich zudem von 2,2 Prozent auf 3,6 Prozent erhöht.
- Bei Stadler Rail wuchs die absolute Anzahl Auszubildender stark an, während die Lehrlingsquote etwas rückläufig war. Das hängt aber in erster Linie damit zusammen, dass Stadler Rail in den letzten Jahren ein massives Beschäftigungswachstum vorab im Bereich der Produktion generiert hat.
- Bei Siemens Mobility ist die Lehrlingsquote recht stabil geblieben, liegt aber mit rund 4,2 Prozent im Vergleich mit den Daten der allgemeinen Betriebszählung im Schienenfahrzeugbau mindestens ein Prozent über dem allgemeinen Quotendurchschnitt bei den Lehrstellen.
Höheres Qualifikationsniveau und gestiegenes Anforderungsprofil führen zu einem deutlichen Handlungsbedarf. Als Probleme werden von den Unternehmen genannt:
- Genereller Mangel an Fachkräften – riesige Rekrutierungsprobleme
- Verstärkte Notwendigkeit, hoch qualifizierte Fachkräfte auf dem internationalen Markt zu rekrutieren, unter anderem aufgrund der nicht ausreichenden Quantität der StudienabgängerInnen von ETHZ / EPFL
- Stagnation für die Arbeitsplatzchancen von Hilfskräften aufgrund der wachsenden Zunahme des Bedarfs an qualifizierten Arbeitskräften
Die beiden Gewerkschaften haben aus der Studie einen Forderungskatalog abgeleitet, der dazu führen soll, dass das hohe technische Niveau gehalten und entwickelt werden kann. «Damit werden langfristig die Arbeitsplätze und die Wertschöpfung insgesamt gesichert», betont der Sektorleiter Industrie der Unia, Nationalrat Corrado Pardini. SEV-Präsident Giorgio Tuti ergänzt: «Die Bahnunternehmen und die Bahnindustrie müssen gemeinsam an der Zukunft arbeiten; die sinnvolle Arbeitsteilung dient beiden Seiten.»