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(14.11.2011)

Schema des Brenner Basistunnels - Blick nach Norden - copyright BBTFünf Monate nach dem ersten Durchstich in der Oströhre wurde Ende März 2011 auch die zweite Röhre des Gotthardbasistunnels durchbrochen. Ein weiterer Meilenstein im Hinblick auf die Eröffnung im Jahre 2016. Was für uns Schweizer der Gotthard ist, ist für die Österreicher der Brenner. Doch die Kritik am geplanten Brenner- Basistunnel wird nicht leiser.

Finanzierung nicht geklärt Ein Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien verlangt, dass der Scheitelpunkt des geplanten, 55 Kilometer langen Brenner-Basistunnel (BBT) genau auf der Staatsgrenze zwischen diesen beiden Staaten liegen muss. Dies hat zur Folge, dass die Steigung im Tunnel unnötig erhöht wird.


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Schwere Güterzüge, für solche wird der BBT hauptsächlich gebaut, benötigen mehr Energie. Die Begründung, dass italienisches Wasser im Tunnel nach Italien und österreichisches Wasser nach Österreich fliesst, tönt zwar amüsant, ist in Anbetracht des höheren Energiebedarfs aber eher bedenklich. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Schwierigkeiten beim momentan grössten Bauprojekt der EU. Die Europäische Union spielt eine wesentliche Rolle beim Bau des Tunnels. So zahlt sie die Hälfte der Planungskosten und beteiligt sich bis 2013 mit 27% an den Baukosten.

Trotz der Unterstützung aus Brüssel ist die Finanzierungsfrage alles andere als geklärt. Bis heute weiss niemand, wer für die 9 Milliarden Euro, so die aktuelle und offizielle Schätzung der Erbauerein BBT SE, aufkommen soll. Steigen die Kosten, wie von Kritikern befürchtet, auf 15 Milliarden Euro, droht ein finanzielles Fiasko wie beim Bau des Kanaltunnels zwischen England und Frankreich. Dieser kostete mehr als doppelt so viel wie prognostiziert und ist bis heute mit 9 Milliarden Euro verschuldet. Sowohl Italien als auch Österreich setzen bei der Finanzierung auf die Benützer der Brennerautobahn.

So sind 25% der Mautgebühren zwischen Innsbruck und dem Brennerpass für den Bau des neuen Tunnels reserviert. Dies ist eine gute Idee, bringt jährlich aber nur etwa 25 Mio. Euro ein.

Eröffnung 2025

Der geplante Brenner-Basistunnel gilt als Herzstück des transeuropäischen Korridors Stockholm– Palermo. Das Nordportal ist in Innsbruck, der Landeshauptstadt des Tirols, das Südportal in Franzenfeste (Fortezza) im Südtirol. Der 55 Kilometer lange Tunnel besteht aus zwei eingleisigen Hauptröhren, drei Multifunktionsstellen und Verbindungsstollen zwischen den Tunnelröhren. (vgl. Grafik) Im Vergleich zum 2 km längeren Gotthard-Basistunnel sind die Multifunktionsstellen mit einem Überholgleis ausgerüstet. Dies erlaubt das Überholen von langsamen Güterzügen durch Reisezüge im Tunnel, erhöht aber die Kosten massiv. Weiter ist zu erwähnen, dass jede zusätzliche Weiche eine Fehlerquelle sein kann und somit die Sicherheit beeinträchtigt.

Gebaut wird am Tunnel seit 2008, jedoch erst an Erkundungsstollen. Die Eröffnung des Tunnels ist zur Zeit für das Jahr 2025 geplant, dürfte sich jedoch mit den Finanzierungsproblemen noch weiter verzögern.

Vorteil NEAT

Gemäss der BBT SE ist ein Basistunnel ein Tunnel, der einen Berg möglichst ohne Steigung und ohne Auffahrtsrampe durchquert. Zwischen Bozen und dem Tunnelsüdportal in Franzenfeste besteht eine Höhendifferenz von rund 500 Metern. Auf dieser 40 Kilometer langen Strecke beträgt die durchschnittliche Steigung 12 Promille. Da stellt sich die Frage, ob man wirklich von einem Basistunnel sprechen kann oder ob es sich mehr um eine Mischung zwischen Basis- und Scheiteltunnel handelt.

Auch hier zeigt der Vergleich zur NEAT deutliche Vorteile für die Schweiz. Der Scheitelpunkt des Gotthard-Basistunnels liegt mit 550 m.ü.M knapp 300 Meter unter demjenigen des BBT. Ein entscheidender Vorteil, sollten die beiden Tunnels ab 2025 im Wettbewerb zueinander stehen.

Nutzen umstritten

Das Ende März vorgestellte „Weissbuch Verkehr" dient als Grundlage für die europäische Verkehrspolitik. Es verlangt eine Reduktion der Treibhausgase im Verkehrssektor um 60% bis 2050 (Basisjahr 1990). Um dieses ambitiöse Ziel zu erreichen, setzt die EU auf die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Der BBT ist eine der Massnahmen und soll den Schienengüterverkehr effizienter, günstiger und somit konkurrenzfähiger machen.

Anderseits sollen auch die Passagiere auf der Brennerachse von schnelleren Verbindungen zwischen München und Mailand profitieren. So prognostizieren die Erbauer des BBT ein jährliches Wachstum im Personenfernverkehr von 7 Prozent. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien stellt diese Zahlen in Frage und relativiert den Mehrwert. Zwar werde die Reisezeit zwischen München und Mailand verkürzt, trotzdem beträgt sie noch immer über 6 Stunden. Somit ist sie keine Alternative für Geschäftsleute, die heute mit dem Flugzeug reisen. Wirklich konkurrenzfähig wird eine Bahnstrecke erst ab einer Reisezeit von unter 4 Stunden.

Alternativen sind vorhanden

Diese Fakten erklären, warum der Unmut über den geplanten Tunnel wächst. Es gibt jedoch auch Alternativen. Der wohl prominenteste Kritiker ist Professor Hermann Knoflacher, eine Koryphäe der österreichischen Verkehrsplanung. Er schlägt als Alternative den Ausbau der Tauernstrecke vor. Damit könnten genügend Kapazitäten geschaffen und sehr viel Geld gespart werden. Die Verfasser der Studie der Wirtschaftsuniversität Wien kommen zu einer anderen Lösung. Sie schlagen einen reinen Güterverkehrstunnel vor. Die Kapazitäten eines solchen wären massiv höher, da alle Züge mit derselben Geschwindigkeit unterwegs sind und sich somit nicht gegenseitig behindern. Für einen solchen Tunnel wäre aufgrund der geringeren Sicherheitsmassnahmen nur eine Röhre mit zwei Geleisen notwendig. Die Kosten könnten um einen Drittel gesenkt werden. In dieser Variante stünde die bestehende Strecke für den Personenverkehr zur Verfügung. Inwiefern die Kritiker Recht behalten und welche heutigen Prognosen zutreffen werden, wird sich erst in den ersten Betriebsjahren zeigen. Doch schon heute sind die Schwierigkeiten offensichtlich, die beim Bau eines Projekts in diesem Ausmass entstehen. Erschwerend kommt der Umstand hinzu, dass mit Österreich, Italien und der EU drei verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Interessen beteiligt sind.

Autoren: Domink Looser, Simon Hofmann, Lukas Wellauer

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